Rücksicht und Vorsicht
Pastor Fahrs Worte
Diesmal muss ich Ihnen von einer Szene vor unserer Auffahrt erzählen. Ein Auto war – leider wie so viele – dabei, um die Ecke Im Ellernbusch/Duvenstedter Markt zu fahren, ohne zu blinken. Ich hielt die Autofahrerin an, um inständig darum zu bitten, insbesondere an dieser Stelle zu blinken, weil hier oft Schulkinder und KiTa-Gruppen entlangkommen.
Wirklich kein Ding, einfach eine Bitte um Rücksicht und Vorsicht.
Allerdings ging die Fahrerin sofort zum Gegenangriff über – dabei wollte ich gar nicht angreifen … Fehler und Versäumnisse sind das Normalste auf der Welt. „Vielen Dank für den Hinweis, ich will zukünftig drauf achten“ – mehr hätte es nicht sein müssen.
Aber offensichtlich gibt es viele Menschen, denen es nicht möglich ist, einen noch so kleinen Fehler zuzugeben. Was geschah also? „Wozu rennen Sie auf die Straße? Es ist doch Sonnabend, heute ist keine Schule! Wenn Sie mir was sagen, kann ich Ihnen doch auch was sagen? Schönen Tag noch!“ Fenster hoch und weg. Als ob ich der Dame einen Fleck auf ihrer weißen Weste verpasst hätte. Erstens wollte ich das gar nicht, zweitens ist ohnehin niemand fehlerlos – also, was ist da los?
Sind wir so empfindlich? Oder haben wir vergessen, dass es Verzeihen und Sündenvergebung gibt, dass niemand durch seine Fehler definiert wird, sondern wir alle eine Würde vor Gott und den Menschen haben? Wir neigen dazu, mit anderen Menschen unbarmherzig und mit uns selbst zart und sensibel zu sein.
Wo ist die Gegenseitigkeit geblieben? Rücksicht, Lob, Kritik, Respekt, ein lebendiges Hin und Her, Austausch, Argumentation, Gespräch und Gemeinsinn – selbst bei unterschiedlichen Vorlieben und Ansichten …
Ihr Lieben, die kommende Passionszeit lädt uns ein, genau das in den Blick zu nehmen.
Rachsucht und Gnadenlosigkeit, Respektlosigkeit und Uneinsichtigkeit – das kann in der hohen Politik zu Katastrophen führen. Und unter uns ist es auch nicht viel besser.
Die Jesusgeschichte lädt uns zum Umdenken ein, immer und immer wieder. Wir können täglich damit anfangen, damit diese Welt ein besserer Ort wird.
Mit herzlichen Grüßen,
Peter Fahr