Rundblick

1. März 2021

Wie ich mich selber anfeuere – die Kunst der Selbstmotivation

Fragen und Antworten

Selbstmotivation ist eine Antriebskraft, die wir dringend im Alltag benötigen.
Schon alleine um der Trägheitsfalle zu entgehen. Nicht umsonst heißt es, beweg‘ dein Leben, damit man nicht in die Falle tappt. Doch selbst diejenigen, die diesen guten Vorsatz beherzigen, haben mit einem mächtigen Gegenspieler zu kämpfen. Genauso wie die berüchtigte Trägheitsfalle bremst das Wenn-Dann-Denken unsere Selbstmotivation gezielt aus. Motiviert durchs Leben gehen? Ja, es geht. Annika Wagenlader ist studierter Life-Coach und Mental-Trainer bei Mindvisory GmbH, einem Coaching- und Beratungsunternehmen für persönliche Weiterentwicklung und Veränderung. Im Interview verrät sie geschickte Strategien und gibt effektive Tipps, die zeigen, wie Selbstmotivation funktioniert.

Duvenstedter Kreisel:
Was ist Selbstmotivation?

Annika Wagenlader: Selbstmotivation ist die Fähigkeit, sich zu jedem Zeitpunkt selbst in den Zustand von Motivation zu bringen. Vielleicht ist hier zu klären, was Motivation eigentlich ist und wie sie sich von Volition, also Willenskraft, unterscheidet. Motivation ist ein freudig erregter, emotionaler Zustand, ein innerer Antrieb, der Verhaltensweisen steuert und die Abwicklung der Aufgabe erleichtert. Im Gegensatz zu Volition fühlt sich Motivation leicht an, wie ein Sog. Das ganze System widmet sich vollends der Zielerreichung. Volition geht mit einem wahrgenommen höheren Energieaufwand einher. Es wird versucht, mit Kraft (gegen tatsächliche oder auch nur augenscheinliche Widerstände) das Ziel zu erreichen. Beide Wege führen früher oder später zum Ziel – mit Motivation fühlt sich dies jedoch wesentlich angenehmer an.

Es gibt zwei Arten der Motivation: Entweder ich will mich von etwas entfernen, eine bestimmte Konsequenz vermeiden („unter Druck arbeite ich besser“) oder auf etwas hinarbeiten („ich mache das für eine Gehaltserhöhung“).

Duvenstedter Kreisel:
Warum fällt es Menschen schwer sich selbst zu motivieren?

Wagenlader: Die meisten Menschen konzentrieren sich auf den Prozess und nicht auf das erstrebenswerte Ergebnis. Der Fokus liegt dann auf der Tätigkeit, die oftmals nicht angenehm ist. (Ich denke daran am Schreibtisch zu sitzen und stundenlang meine Steuererklärung zu machen, anstatt mich auf die Rückzahlung zu freuen.) Die Problematik ist, dass es keine konkrete Beantwortung des Warum bzw. Wozu gibt. Also, wenn die eigenen Motive nicht klar, bzw. nicht selbst gewählt sind. Wenn mein Ziel weder klar, noch attraktiv für mich ist, wozu sich überhaupt bewegen?

Duvenstedter Kreisel:
In welchen Lebensbereichen hapert es mit der Selbstmotivation besonders?

Wagenlader: Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Die klassischen Beispiele sind Fitness, Ernährung und Steuererklärung – das ist allerdings ganz individuell. Es kommt jeweils auf die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ideen für ein gutes Leben an. Der eine hat Schwierigkeiten sich zu motivieren, die Wohnung zu putzen, der andere könnte sich nicht vorstellen, mal einen Tag den Staubsauger stehenzulassen. Vielleicht ist es schwieriger bei gesellschaftlichen Stigmata wie Body-Image (z.B. in Bezug auf Gewicht oder Aussehen), Einkommen oder Sozialidentität in der Bezugsgruppe, Dinge, die uns sagen, wie wir zu sein haben. Also, wenn uns äußere Motive auferlegt werden, die uns innerlich selbst nicht bewegen und dementsprechend motivieren.

Duvenstedter Kreisel:
Welche Dinge schalten die Selbstmotivation in einem Menschen aus?

Wagenlader: Zu kritisches Denken, unzweckmäßiger Fokus oder unvorteilhafte Vergleichsprozesse, Prozesskonzentration.

Duvenstedter Kreisel:
Kann das Umfeld auch schuld daran sein? Oder gibt es weitere Gründe?

Wagenlader: Wie gut oder schlecht jemand darin ist sich selbst zu motivieren, liegt an der Motivationsstrategie – diese eignet sich jeder im Laufe des Lebens an. Sie kann von den Eltern oder anderen Bezugspersonen übernommen werden. Wenn ich vielleicht eine gute Idee habe und hoch motiviert bin und jemand negativiert meine Absichten, kann es sein, dass dies meinen Tatendrang hemmt.

Duvenstedter Kreisel:
Warum ist Selbstmotivation so wichtig?

Wagenlader: Um Aufgaben mit Leichtigkeit zu erledigen. Ziele effizient strukturieren und erreichen, führt zur Erzeugung von positivem Stress in Form von innerem Antrieb, der bis zu einem gewissen Punkt die Leistungsfähigkeit steigert.

Duvenstedter Kreisel:
Was kann die Folge von mangelnder Selbstmotivation sein?

Wagenlader: Das Aufschieben von anstehenden Aufgaben. Die Entwicklung gerät ins Stocken, negativer Stress zeigt sich in Form von Hemmungen und Blockaden, Selbstzweifel. Ziele werden nicht erreicht und Aufgaben nicht erledigt.

Duvenstedter Kreisel:
Ist Selbstmotivation der Schlüssel für mehr Energie und Antrieb?

Wagenlader: Selbstmotivation steht in direkter Wechselwirkung mit dem inneren Antrieb. Je größer die Motivation, desto größer der Antrieb dahinter.

Duvenstedter Kreisel:
Wie findet ein Mensch heraus, was ihn persönlich motiviert ?

Wagenlader: Sein eigenes Warum/Wozu für die anstehende Aufgabe finden, sich Klarheit darüber verschaffen, was ihm/ihr wirklich wichtig ist.

Duvenstedter Kreisel:
Selbstmotivation durch Visualisierung – kann das funktionieren?

Wagenlader: Ja, durch die Frage nach dem Wozu kreiert mein Gehirn automatisch ein Bild, das mich motiviert. Wenn ich in darin eintauche und mir vorstelle, dass ich kurz davor bin, dies zu erreichen, kann sich bereits innerhalb von Sekunden Motivation einstellen. Je öfter ich diese Strategie nutze, desto mehr automatisiert sich der innerliche Prozess. Dadurch festigt sich die Selbstmotivation auch in anderen Bereichen.

Duvenstedter Kreisel:
Was sollte man für eine erfolgreiche Selbstmotiva­­tion vermeiden?

Wagenlader: Der Mensch sollte vermeiden, sich auf den Prozess bzw. auf den Arbeitsaufwand zu fokussieren. Wenn ich ein Haus bauen will, ist die Vorstellung, Tag und Nacht daran zu arbeiten sowie den Um- und Einzug zu organisieren, nicht unbedingt das, was ich anstrebe. Ich darf mich auf das Endergebnis konzentrieren (das stehende Haus mit allen tollen, individuell eingebrachten Ideen). Aufhören, die falschen Fragen zu stellen. Nicht: „Will ich jetzt im Regen laufen gehen? (die Antwort ist meistens „nein“), sondern: „Will ich nach dem Laufen energiegeladen und gut durchblutet unter der warmen Dusche stehen und stolz auf mich sein?“.

Duvenstedter Kreisel:
Haben Sie ein Beispiel für eine erfolgreichen Selbstmotivation?

Wagenlader: Erfolgreiche Selbstmotivation ist Flexibilität im Verhalten. Die meisten erfolgreichen Menschen sind flexibel und tun das, was notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Sie konzentrieren sich auf das Warum und übergehen Hürden mit mehr Leichtigkeit. Erfolgreiche Selbstmotivation findet man überall, z.B. auch bei beruflicher Neuorientierung. Wenn meine letzte Arbeitsstelle mich so stört, dass ich mich dazu bewegt fühle eine zweite Ausbildung, Weiterbildung oder Umschulung zu machen, oder ich eine neue Karriereoption sehe und mich diesbezüglich weiterbilde oder umschule.

Duvenstedter Kreisel:
Welche Wege führen zu einer erfolgreichen Selbstmotivation?

Wagenlader: Klarheit verschaffen (Wozu mache ich das hier?), sich der Konsequenzen bewusst sein, wenn ich die Aufgabe nicht angehe (Was passiert, wenn ich das nicht mache?) und sich der konkreten Ziele bewusst werden.

Den Fokus auf die positiven Aspekte lenken, Endergebnis visualisieren oder spaßbringende Zwischenschritte unternehmen. Damit geht einher, sich die richtigen, zielführenden Fragen zu stellen.

Ein Umfeld suchen, das einem die Motivation erleichtert und positiv bekräftigt (Es ist leichter sich gesund zu ernähren, wenn sich der Partner oder die Familie auch gesund ernähren).
Tools nutzen: z.B. Visionboarding, eine Collage erstellen, die Ziele und Träume attraktiv in Bildern zeigt – entweder für das Leben oder für konkrete Ziele.

Duvenstedter Kreisel:
Sollte man auf allgemeine Motiva­tionsvorschläge von anderen Menschen hören?

Wagenlader: Was hilft, hilft. Grundsätzlich ist jeder Mensch gleich strukturiert. Motivation ist der Zustand, etwas unbedingt haben zu wollen oder von etwas wegzuwollen. Der Mensch bewegt sich entweder aus Frustration von etwas weg oder aus Lust zu etwas hin. Was jeder Einzelne als frustrierend oder lustvoll betrachtet, ist komplett individuell. Das darf jeder für sich herausfinden.

Duvenstedter Kreisel:
Wenn ich herausgefunden habe, was mich motiviert, wie verhindere ich eine Demotivation, die mich in alte Verhaltensmuster zurückdrängt?

Wagenlader: Achtsamkeit über das, was ich wirklich will, was in mir vorgeht und wie ich selbst mit mir spreche. Jeder hat die Möglichkeit seinen eigen Fokus neu auszurichten und Motivation zu verspüren. Das Problem ist nicht die Demotivation selbst. Das ist total natürlich – es gibt einfach Dinge, die wir nicht tun wollen, wenn wir keinen Sinn darin sehen. Es geht vielmehr um die Flexibilität, jene in Motivation umzuwandeln; dies gelingt oft schon rein sprachlich. Beispiel: Ich muss noch einkaufen = Ich will einkaufen, weil ich etwas Leckeres essen will. Ich muss noch putzen = Ich will putzen, damit die Wohnung sauber ist und ich mich wohlfühle. Ich muss arbeiten = Ich will arbeiten, weil ich so das Geld verdiene, das es mir ermöglicht in den Urlaub zu fliegen.

Das Leben steckt voller persönlicher Herausforderungen, sowohl privat als auch beruflich. Es gibt allerdings Lebenssituationen und Bereiche, in denen eine professionelle Sicht von außen nicht nur hilfreich, sondern notwendig ist, für mehr Klarheit und echte und dauerhafte Veränderung sorgen kann. Falls Sie Fragen zur Selbstmotivation haben?

Duvenstedter Kreisel:
Frau Wagenlader, wir danken für das interessante Gespräch.

Anja Junghans-Demtröder

Annika Wagenlader, Life-Coach und Mental-Trainer bei Mindvisory GmbH

Annika Wagenlader, Life-Coach und Mental-Trainer bei Mindvisory GmbH