Wieder weniger: Baumfällbilanz fällt erneut negativ aus
Hamburg verliert 816 Straßenbäume – Licht und Schatten bei Transparenz der einzelnen Bezirke
Am 28. Februar endete die Fällsaison für Bäume in Hamburg. Der NABU Hamburg hat die Anzahl der Baumfällungen der vergangenen Monate ausgewertet: Auch 2022/2023 sind wieder mehr Bäume gefallen, als Ersatz geplant ist.
In den sieben Hamburger Bezirken mussten in der vergangenen Baumfällsaison 816 Straßenbäume fallen, doch nur für 716 sind bereits Nachpflanzungen vorgesehen – das entspricht einem Ersatz von nur 88 Prozent. Lediglich der Bezirk Nord weist eine ausgeglichene Bilanz auf. In Altona ist sie sogar positiv.
Bei der Bereitstellung der Zahlen gab es in diesem Jahr in einigen Bezirken deutliche Verzögerungen, die etwa auf personelle Engpässe in den Bezirksämtern zurückzuführen sind.
„Der NABU erwartet, dass Straßenbäume mindestens eins zu eins nachgepflanzt werden, damit die wichtigen Ökosystemfunktionen der gefällten Bäume wie zum Beispiel deren positive Kohlenstoffbindung zumindest langfristig ersetzt werden können. Sinnvoll wäre, den tatsächlichen Verlust an Grünvolumen mit deutlich mehr Nachpflanzungen auszugleichen. Kann aufgrund von zu wenig Abstand zu anderen Bäumen oder Bebauung nicht nachgepflanzt werden, muss eben ein neuer Standort gefunden werden. Der Bezirk Nord macht vor, dass das geht. Zudem muss der Senat die Bezirke mit adäquaten Mitteln für Nachpflanzungen und auch für ausreichend Personal ausstatten.
Die Forderung wird vor allem dadurch bestärkt, dass die Fälllisten in einigen Bezirken mit erheblicher Verzögerung, teils überhaupt erst durch die Nachfrage des NABU, veröffentlicht wurden“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg.
Unter den in diesem Jahr in den Bezirken gefällten Bäumen sind 22 Prozent alte Bäume (179 Bäume) mit einem Stammdurchmesser von mindestens 50 Zentimetern bis zu 157 Zentimetern Stammumfang. Diese alten Bäume haben sich über längere Zeit im Straßenraum etabliert und sind groß gewachsen.
Werden diese gefällt, gehen auch wichtige Ökosystemdienstleistungen verloren: Die Abmilderung des Stadtklimas, die Sauerstoffproduktion und Kohlenstofffixierung, die vor dem Hintergrund des Klimawandels von höchster Relevanz sind. Zusätzlich schwindet auch Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Tierarten.
Bäume sind für die urbane Biodiversität äußerst wichtig.
Die jährlichen Bilanzen fallen seit fünf Jahren ähnlich aus: Der Anteil der Ersatzpflanzungen bewegt sich zwischen 65 und 75 Prozent und stieg nun erstmals auf 88 Prozent. „Der NABU begrüßt, dass der Anteil Ersatzpflanzungen deutlich ansteigt. Es bleibt jedoch nicht nachvollziehbar, dass nicht mindestens alle Bäume nachgepflanzt werden. Scheinbar wird die dringende Notwendigkeit einer Anpassung an den Klimawandel und der Erhalt der städtischen Artenvielfalt noch immer nicht erkannt. Ansonsten würde den Baumverlusten in der Stadt wirkungsvoll begegnet werden“, sagt Dr. Katharina Schmidt, NABU-Referentin für StadtNatur.
Baumfällungen sind für die Bevölkerung meist mit großen Emotionen verbunden und die Fällgründe wollen nachvollzogen werden. Der NABU Hamburg sieht die transparente Übermittlung von Informationen zu Fällungen und Ersatzpflanzungen als unerlässlich an und fordert, dass alle Bezirke ihre Fälllisten zu Beginn der Fällsaison öffentlich machen. Auch hier gibt es mit den Bezirken Wandsbek und Eimsbüttel Positivbeispiele: Beide Bezirke veröffentlichen die Fälllisten auf ihrer Website.
Jonas Voß