Pferde und Ponys suchen ihr Glück
Tierschutzverein rettet Schlachtfohlen und kümmert sich um ausrangierte oder vernachlässigte Vierhufer
Helen und Nadja können ihr Glück noch gar nicht richtig fassen. Vorsichtig erkunden die Stuten die weitläufige Koppel, probieren vom saftigen Grün. Eigentlich sollten die Haflingerdamen, die ihrem Halter jahrelang als Kutschgespann gedient hatten, „in die Wurst“. Doch den Weg zum Schlachter verhinderten engagierte Tierretter des Vereins „4 Hufe im Glück“.
Gründerin Stefanie Grabs und ihre Mitstreiter setzen sich seit 2016 für ausrangierte Zucht- und Sportpferde, „überflüssige“ Pony-Senioren und Tiere aus schlechter Haltung ein und suchen ein neues, liebevolles Zuhause für jeden Vierbeiner. Auf privaten Pflegestellen in verschiedenen Bundesländern und auf vom Verein gepachteten Weiden in Wakendorf II sowie Lemsahl-Mellingstedt werden die Pferde und Ponys versorgt und aufgepäppelt. Bereits über 100 Schützlinge konnten erfolgreich vermittelt werden. Der Verein ist europaweit aktiv und gut vernetzt, Hilferufe erreichen ihn von Tierfreunden, verzweifelten Haltern und sogar von Amtstierärzten.
Der Verein hat sich zudem der Rettung von potentiellen Schlachtfohlen verschrieben. „Jeden Herbst werden in Bayern und Österreich hunderte Haflinger- und Norikerfohlen wegen Überpopulation oder wegen nicht erfüllter Zuchtkriterien versteigert. Viele Tiere landen verängstigt auf Schlachttransporten unter anderem nach Italien, wo sie nach wochenlanger, qualvoller Anbindemast getötet und verarbeitet werden“, weiß Stefanie Grabs. Ähnlich ergeht es ebenso vielen Shetlandponys, die in den Niederlanden auktioniert werden – manche für weniger als 50 Euro.
Dieses Jahr ist es für Pferdekinder besonders dramatisch, denn aufgrund der Corona-Pandemie finden die Auktionen in Bayern nur online statt und die Züchter haben es schwerer ihre Tiere loszuwerden. „Wir werden versuchen sechs Haflingerfohlen freizukaufen“, sagt die 46-Jährige, die als Allgemeinärztin in Winterhude arbeitet. Am 20. Oktober wird sie zudem mit einem großen Transporter ins österreichische Maishofen fahren, um bis zu zwölf Norikerfohlen ein neues Leben zu ermöglichen – wenn das Geld denn reicht.
Für die Finanzierung ist der Verein auf Unterstützung vieler Tierfreunde angewiesen, in Form von Geld-, Sach- und Futterspenden, als Patenschaften und Fördermitgliedschaften mit monatlichen Beiträgen oder als Sponsor. Letzterer streckt den Kaufpreis für ein Pferd vor und erhält es nach erfolgreicher Vermittlung retour. „Wir können zwar nicht alle Tiere retten, aber für jedes einzelne lohnt es sich“, sagt Stefanie Grabs bestimmt und schaut lächelnd den zufriedenen Haflingerstuten Nadja und Helen beim Grasen auf der üppigen Weide zu.
Claudia Blume