Als Vize-Weltmeister nach Hause
Der Lemsahler Tischtennisspieler Maik Gühmann lebt seinen Traum trotz Handicap
Strahlend hält Maik Gühmann ganz besondere Souvenirs aus Berlin in Händen: eine Silber- und zwei Bronzemedaillen. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, freut sich der 54-Jährige. Bei den 2. Parkinson’s World Table Tennis Championships im September, den Weltmeisterschaften für Parkinson-Erkrankte, erkämpfte sich der Lemsahler den Vize-Titel im Einzel sowie jeweils Platz drei im Herren- und im Mixed-Doppel. Sensationell, denn er spielt erst seit gut einem Jahr Tischtennis; zudem war es sein erster Start auf internationaler Ebene.
„Ohne mein Team und die Unterstützung vieler anderer Menschen wären diese Erfolge niemals möglich gewesen“, versichert Maik Gühmann. Die Teilnahme hatte eine Spendenaktion möglich gemacht, die die TTG Hamburg-Nord, eine Spielgemeinschaft des TSV DUWO 08, Lemsahler SV und SV Bergstedt, ins Leben gerufen hatte.
Befreit von finanziellen Bedenken konnte der ehrgeizige Sportler aufschlagen. 140 Starter aus 17 Nationen nahmen an dem Turnier teil. An drei Wettkampftagen absolvierte Gühmann 17 Spiele und war damit einer der wenigen Athleten, die in allen drei Kategorien spielten und auch platziert wurden. „Maik hat sich von Spiel zu Spiel gesteigert und eine beeindruckende Leistung gezeigt, die schon für gesunde Sportler auf mentaler als auch auf sportlicher Ebene kaum zu schaffen ist“, begeistert sich Trainer Jan Rüssmann.
Zwar brachte jeder der WM-Starter ein Handicap mit in die Halle, doch ist die Geschichte von Maik Gühmann eine besondere. Vor 14 Jahren wurde bei ihm Morbus Parkinson diagnostiziert, eine unheilbare Nervenkrankheit. Nach jahrelanger Behandlung mit Tabletten austherapiert, wurden ihm operativ zwei Elektroden im Gehirn platziert, die an einen Stimulator im Brustbereich angeschlossen sind und über die per Smartphone-Steuerung Krankheitssymptome unterdrückt werden können.
„Studien haben ergeben, dass Tischtennissport als Teil der Physiotherapie bei Parkinson positive Gesundheitswirkungen erzielen und somit zur gesellschaftlichen Integration der Erkrankten beitragen kann“, erklärt Maximilian Merse, Trainer bei der TTG Hamburg-Nord. Als einer der Vorreiter hat der Verein inklusive Trainingsgruppen eingerichtet. Fünf neue Spieler fanden bereits den Weg dorthin, „und es dürfen gern noch viel mehr werden“, sagt Merse einladend.
Maik Gühmanns Erfolge haben sich in der Region herumgesprochen. „Beim Einkaufen werde ich zur ‚Tollen Leistung!‘ beglückwünscht – das macht mich schon stolz. Ich möchte ein Vorbild für andere Menschen mit Parkinson-Handicap sein, denn durch das Tischtennisspielen habe ich neue Lebensqualität gewonnen“, betont der Sportler und gesteht unumwunden, dass er nach dem verlorenen WM-Finale gegen den neuen Titelträger Jörgen Sjöstedt aus Schweden in ein Loch gefallen sei. „Der Fokus war weg. So lange hatte ich auf die Wettkämpfe hingearbeitet und nun gab es kein Ziel mehr.“ Aber dann kam der Ehrgeiz zurück. Im kommenden Jahr finden die nächsten Weltmeisterschaften in Kroatien statt – und dann sollen es der Titel und die Goldmedaille sein, denn „Silber tut schon ein bisschen weh …“
Claudia Blume