Rundblick

26. September 2022

Hinter jedem Essen steckt ein Mensch

Nachbarschaftliches Gemüse von der Marktgärtnerei Ackerglück

Mira Deike macht sich leidenschaftlich gern die Hände schmutzig – aus ökologischer und nachhaltiger Hinsicht. Zu Jahresbeginn gründete die 42-Jährige die Marktgärtnerei „Ackerglück“, pachtete 2800 Quadratmeter und bewirtschaftet seit März knapp 1500 Quadratmeter auf dem Gelände des ehemaligen Hamburger Gutes „Hohenbuchen“ in Poppenbüttel. Auf 77 Beeten im Folientunnel und „open Air“ gedeihen 36 verschiedene Kräuter und Gemüsesorten von Aubergine bis Zuckerhut, die Bioland-zertifiziert direkt vom Acker vermarktet werden. Von Mai bis Ende November kommen jeden Mittwoch zwischen 17 und 19 Uhr Selbstabholer von 50 Abo-Kisten vorbei, um die wöchentlichen Ernteerfolge mitzunehmen.

„Mein Traum war schon länger, Menschen in der Nachbarschaft hochwertiges Gemüse anzubieten zu können, für das keine weiten Wege zurückgelegt werden muss – und das mitten in der Großstadt Hamburg“, sagt die gelernte Landwirtin. Über den kanadischen Garten-Pionier Jean-Martin Fortier stieß Mira Deike auf das Konzept des „Market Gardening“, zu Deutsch: Marktgärtnerei. Hierbei wird auf möglichst viel Ertrag auf kleiner Fläche erzielt. Das Blattwerk der Pflanzen schafft einen lebendigen Mulch, der konkurrierenden Beikräutern das Licht entzieht; das schont Ressourcen. Der Boden wird nur gelockert statt gewendet, Struktur und Biodiversität bleiben erhalten, zudem sind große Maschinen tabu – es wird ausschließlich händisch gearbeitet.

„Zu Beginn habe ich rund 30 Tonnen Erde bewegt, um die Beete auf einer unkrautbestandenen Brachfläche anlegen zu können“, erzählt die Powerfrau. Im Alleingang – lediglich mit Spaten, Schaufel und Grabegabel. „Ich bin ein Körpermensch, muss immer in Bewegung sein, Stillsitzen ist nichts für mich“, betont die gebürtige Schleswig-Holsteinerin, die mit ihrem Mann und drei Söhnen in Volksdorf wohnt.

Auf dem idyllischen Gelände zwischen Mellingbek und Alster ist ein kleines Gemüse-Paradies entstanden, in dem nahezu täglich Tomaten, Gurken oder Zwiebeln erntereif sind. „Vor allem dem Salat gefällt der Boden gut und er gedeiht prächtig“, freut sich Mira Deike. Bei den Abnehmern kommt nicht nur der Salat gut an. „Das Gemüse schmeckt nicht nur intensiver, sondern einfach besser und hält auch länger als Supermarktware. Außerdem weiß ich genau, wo und wie es angebaut wurde – bei Mira ist alles transparent“, schwärmt Maria Schnäckel aus Poppenbüttel, eine der ersten Kundinnen einer Abo-Kiste, die für 16 Euro pro Woche fünf bis acht Portionen Gemüse für ein bis zwei Personen enthält.

„Kürzer kann kein Einkaufsweg sein“, ergänzt Maren Ostermaier, die zwei Minuten mit dem Fahrrad zum „Ackerglück“ benötigt und sieht einen enormen Mehrwert, der die höheren Preise im Vergleich zur konventionellen Ware im Supermarkt wettmacht: „Neben Bio-Qualität, Handarbeit und Klimaschutz hat das Projekt auch einen vernetzenden, sozialen Charakter in der Nachbarschaft. Am Abholtag treffe ich hier Anwohner zum Klönen und lerne neue Leute kennen; zudem erfahren Groß und Klein Wissenswertes über den Umgang mit und in der Natur.“

Dazu trägt auch die wöchentliche „Ackerpost“ bei, die Mira Deike per Mail an ihre Abonnenten verschickt. Neben Ernteprognosen gibt es Infos und Gedanken über die Landwirtschaft sowie Rezepte. „Die machen es einem leicht, Sorten auszuprobieren, die man bisher nicht kannte oder nicht so gern mochte“, berichtet Maria Schnäckel, die Rettich zwar nicht lieben, aber lecker zuzubereiten gelernt hat.

Bei Mira Deike machen sich angesichts der Kundenbegeisterung Freude und Erleichterung breit. „Anfangs war ich sehr aufgeregt, ob ‚Ackerglück‘ laufen würde und habe immer mal wieder Bedenken, etwa ob ich die Kisten jede Woche trotz Hitze und Trockenheit angemessen füllen kann“, gesteht die Gemüsebäuerin, die offen und ehrlich im Austausch mit ihren Kunden ist. Die können nach Absprache Radieschen, Mangold und Basilikum besuchen und auch selbst Hand anlegen, etwa beim Unkrautjäten. „Regional angebaute Bio-Lebensmittel sind ein populäres Thema, mit dem sich immer mehr Menschen beschäftigen“, freut sich die Expertin über Interesse und Wertschätzung und möchte Nachahmer inspirieren, es ihr gleichzutun, kleine Flächen mit saisonalem Gemüse für die Nachbarschaft zu bewirtschaften.

Im kommenden Jahr möchte Mira Deike die Abonnentenzahl etwas erhöhen. Interessenten können sich per Mail für die nächste Saison anmelden.

Claudia Blume

 

 

 

Mira Deike zieht viele verschiedene Tomatensorten in ihrem Folientunnel.

 

Auf 1500 Quadratmetern „Ackerglück“ wachsen 36 verschiedene Gemüsesorten – im kommenden Jahr sollen 14 weitere Beete hinzukommen.

 

Maria Schnäckel ist eine von 50 Gemüsekisten-Abonnenten und begeistert von der Qualität des Inhaltes.