Und das ist nicht richtig.
Pastor Fahrs Worte
So manche von uns haben in ihrer Kindheit und ihrer Jugend unschöne Erfahrungen mit Kirche gemacht. Unerbittliche Pastoren, die den Konfirmandinnen und Konfirmanden Katechismen und altmodische Liedstrophen eintrichterten, kirchliche Kinderheime, in denen es alles andere als liebevoll zuging, Religionslehrerinnen und -lehrer, bei denen der Glaube mehr aus „du musst“ und „du darfst nicht“ bestand, als aus irgend etwas sonst. Der Glaube ein Denkkorsett, eine Zwangsjacke für das Leben. Entsetzlich.
Alle, denen der christliche Glaube auf diese Art und Weise untergekommen ist, oftmals in einer Zeit, in der sie auf verständnisvolle Unterstützung angewiesen waren, bedaure ich sehr. Diejenigen, die das zu verantworten haben, scheinen mir die Autorität Gottes und den Wunsch nach persönlicher Macht in erschreckender Weise miteinander verwechselt zu haben. Und das ist nicht richtig.
Und doch möchte ich es einmal wagen, bei allem, was altmodisch und überholt scheint, auch die Perlen, die zauberhaften Geschichten, Gedichte und Gedanken zu entdecken, von denen unser Glauben lebt.
Vor allem die Weihnachtsgeschichte zieht zu Heiligabend immer wieder Menschen in die Kirche, die sonst nichts mehr mit uns anzufangen wissen. Und die Musik und die Kunstwerke, die von biblischen Geschichten inspiriert wurden, begeistern Christen wie Nichtchristen nach wie vor. Aber die Quelle dieser Inspiration, die Bibel, wird oftmals als ein altmodisches Gesetzbuch aus überholter, unwissenschaftlicher Zeit angesehen. Das ist jammerschade.
Denn dieses Buch enthält auch noch ganz andere literarische Schätze, zum Beispiel eine Sammlung zauberhafter Liebesgedichte, die seltsamerweise den Weg in die Bibel gefunden hat: das Hohe Lied.
Und ganz gleich, ob es so war oder nicht, die Geschichte der Israeliten und ihre Rettung durch das Rote Meer hindurch mit einer Wasserwand zu beiden Seiten, diese Szene inspiriert Filmemacher bis heute. Eine der ganz großen Geschichten der Menschheit.
Eine der zauberhaftesten Episoden lesen wir im 1. Königsbuch, in dem der Prophet Elia Gott bittet, sich ihm zu zeigen.
Gott sagte zu Elia: „Komm heraus und stell dich auf den Berg vor Gott und sieh nur, Gott geht vorüber.“
Ein großer, heftiger Sturm,
der Berge zerriss und Felsen zerschlug,
ging Gott voraus,
doch nicht im Sturm war Gott.
Und nach dem Sturm ein Erdstoß,
doch nicht im Erdstoß war Gott.
Und nach dem Erdstoß ein Feuer,
doch nicht im Feuer war Gott.
Und nach dem Feuer ein zarter Ton …
Als Elia diesen Ton hörte, bedeckte
er sein Gesicht mit seinem Obergewand, ging hinaus
und stellte sich in den Eingang der Höhle.
Gott erscheint in zartem Geräusch oder sogar in der Musik? Ein wunderbarer Gedanke …
Im Hinblick auf die bevorstehende Fasten- und Osterzeit möchte ich nur auf einen einzigen Satz hinweisen, den Jesus im Zusammenhang mit der Passions- und Ostergeschichte zu einem Mitgekreuzigten, der sich ihm gegenüber freundlich geäußert hatte, sagte: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“
Ich wünsche viel Freude beim Heben all solcher und noch weiterer Schätze und grüße herzlich,
Ihr und Euer Peter Fahr