Kultur & Unterhaltung

19. Januar 2022

Heimkino 5

Jetzt, wo die Sonne uns vermehrt mit freundlichen Besuchen beehrt und unsere lichtentzogenen Herzen dank Vorfreude auf lange Picknicks und fruchtige Cocktails am Strand (natürlich mit Abstand) höherschlagen lässt, steht Ihnen der Sinn vielleicht weniger als zuvor nach einem abendlichen Filmgenuss. Aber der April ist ja bekannt für seine Wetterüberraschungen, also stelle ich Ihnen an dieser Stelle ein paar Filme und eine Serie vor, mit denen Sie sich an kühleren Abenden die Zeit sinnvoll vertreiben können.

 

 

Taika Waititis Wo die wilden Menschen jagen aus dem Jahr 2016 erzählt die Geschichte von Ricky (Julian Dennison, auch bekannt aus Deadpool 2), einem alleingelassenen Teenager, der, nachdem er zum wiederholten Male straffällig geworden ist, von seiner Sozialarbeiterin auf einer abgelegenen Farm untergebracht wird. Hier fasst er schnell Vertrauen zu seiner neuen Pflegemutter Bella (Rima Te Wiata). Selbst mit deren mürrisch-wortkargem Mann Hec (Sam Neill) kommt er bald gut zurecht. Aufgrund einer unglücklichen Verkettung von Ereignissen befinden sich Hec und Ricky jedoch wenig später auf der Flucht durch den neuseeländischen Busch. Nach dieser Beschreibung könnte man nun meinen, ich beschriebe einen dramatischen Thriller oder zumindest ein Drama mit tragischen Elementen, doch ist dieser Film tatsächlich eine der herzlichsten und lustigsten Erzählungen, die Ihren Fernsehabend verschönern können. Waititi inszeniert und erzählt Hec und Rickys Erlebnisse und teilweise absurde Begegnungen im Busch mit seiner üblichen humorvollen Leichtigkeit, wobei es dem Film – wie man es von dem Regisseur gewohnt ist – trotzdem niemals an Tiefe fehlt. Wo die wilden Menschen jagen finden Sie zum Ausleihen auf verschiedenen Videoplattformen.

 

 

Falls Ihnen der Sinn nach etwas düstererer Spannung steht, könnten Sie sich den handlungsdichten Selbstjustiz-Kriminal-Thriller Prisoners aus dem Jahr 2013 zu Gemüte führen, bei dem Denis Villeneuve Regie führte. Nach der Thanksgiving-Feier zweier befreundeter Familien verschwinden ihre jüngsten Töchter spurlos. Was folgt ist die offizielle, polizeiliche Untersuchung unter der Leitung von Detective Loki (Jake Gyllenhaal) auf der einen Seite und die inoffizielle, angst- und wutgetriebene Untersuchung von Keller Dover (Hugh Jackman), dem Vater eines der Mädchen, auf der anderen Seite. Letzterer zieht auch Franklin (Terrence Howard) und Nancy Birch (dargestellt von der wundervollen Viola Davis), die Eltern der anderen Entführten, in seine gesetzesferne Suche nach ihren Töchtern hinein. Neben geschickt eingesetzten, typischen Genreelementen des Justiz- und Rache-Thrillers nimmt sich der Film auch genügend Zeit für ethische Fragestellungen und komplexe Familiendynamiken zu Krisenzeiten sowie die Auseinandersetzung mit psychischen Problemen und Trauer. Diesen Film für Fans des Regisseurs (u.a. verantwortlich für Blade Runner 2049 und Arrival) sowie von David Finchers Filmen Sieben und Zodiac – Die Spur des Killers finden Sie unter anderem bei Netflix und Prime Video. 

 

 

 

Ebenfalls düster und ebenfalls genial ist Lynne Ramsays brutales Meisterstück A Beautiful Day (im Original You Were Never Really Here) aus dem Jahr 2017. Die Handlung des Films dreht sich um einen schwer traumatisierten Kriegsveteranen und Auftragskiller namens Joe (wie immer grandios: Joaquin Phoenix), der entführte und zur Sexarbeit missbrauchte Kinder und Jugendliche aus den gewaltsamen Fängen von Menschenhändlern befreit und die Peiniger tötet. Im Zuge seiner Tätigkeit wird er beauftragt, die kindliche Tochter eines Senators zu retten, die vermutlich ebenfalls Menschenhändlern zum Opfer gefallen ist. Ramsays Filme (unter anderem auch die finstere und beeindruckende Charakterstudie We Need to Talk About Kevin) bestechen stets durch eine intelligente Erzählweise, die sich eher auf komplexe Charaktere als auf rasante Action und vereinfachte Lösungen stützt. A Beautiful Day ist keine Ausnahme – auch wenn die Handlung geprägt ist von Gewalt und Mord, verherrlicht der Film jene zu keiner Zeit und blickt oft sogar merklich bewusst weg. Diesen Film für Anhänger von Martin Scorseses Taxi Driver und Fatih Akins Aus dem Nichts finden Sie z.B. bei Netflix. 

 

 

 

Lustiger geht es zu bei der Blood-and-Ice-Cream-Trilogie, einer humorvollen, inhaltlich nicht zusammenhängenden Filmreihe von Regisseur Edgar Wright (auch bekannt für Baby Driver und Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt) und geschrieben von Wright und Simon Pegg. Die Hauptrollen spielen Pegg und Nick Frost bei allen drei Filmen, also Shaun of the Dead, Hot Fuzz – Zwei Abgewichste Profis und The World’s End. Jeder der drei ist einen Filmabend wert, auch wenn mein persönlicher Favorit der zweite Film der Reihe ist. In der Actionkomödie Hot Fuzz zieht der Ermittler Nicholas Angel (Pegg) bei seiner Londoner Spezialeinheit den Unmut seiner Vorgesetzten auf sich, da er jene als ihnen überlegener Überflieger schlecht dastehen lässt. Kurzerhand wird er also in das verschlafene Dorf Sanditon auf dem Land zwangsversetzt, das die niedrigste Kriminalitätsrate Englands aufzeigt. Dort macht er die Bekanntschaft von einigen dörflichen Originalen sowie von dem Polizisten Danny Butterman (Frost), der Actionfilme liebt und bald zu Angels erstem wahren Freund wird. Nach einer Reihe von vorerst nach Unfällen aussehenden Todesfällen wird Angel misstrauisch und beginnt mithilfe seines wohlmeinenden Freundes die Ermittlung. Hot Fuzz, ein Film für Fans von Actionkomödien wie 21 Jump Street aus dem Jahr 2012, von komödiantischen Herangehensweisen an Genrefilme wie in Zombieland und von liebenswerter Absurdität wie in Die Ritter der Kokosnuß, gibt es unter anderem bei Netflix.

 

 

 

Mit Sense8 bietet Netflix eine faszinierende, mystische Science-Fiction-Serie von den Wachowski-Schwestern (Lilly und Lana Wachowski, die bekannterweise unter anderem auch die Matrix-Trilogie schufen) und J. Michael Straczynski an. Nach der plötzlichen Entstehung einer übersinnlichen Verbindung zwischen acht über den Planeten verteilten Fremden sind diese eng miteinander verknüpft: als Cluster teilen sie ihre Emotionen, können grenzenlos kommunizieren und sich im Geiste besuchen, sie können ihr Wissen und ihre Fähigkeiten miteinander teilen. Während die Gruppe beginnt, Stärke aus ihrer Gemeinsamkeit zu schöpfen, und zu ergründen versucht, wie es zu ihr kam, müssen sie sich auch vor der Verfolgung undurchsichtiger Organisationen schützen. Die internationalen Schauplätze, die spannend und bewegend erzählten Geschichten jedes Cluster-Mitglieds sowie ihre geteilten Erfahrungen machen diese Serie zu einem besonderen Fernseherlebnis. Die berührende, packende und höchst innovative Serie empfehle ich wärmstens allen Fans von der fesselnden Netflix-Serie The OA, von Cloud Atlas (Buch oder Film – bei letzterem waren die Wachowskis zusammen mit Tom Tykwer maßgeblich beteiligt) und allgemein von den vielseitigen Projekten der Wachowskis.