Freunde treffen in Corona-Zeiten – geht das?
Vier Paaren war klar: Wir fehlten uns.
So wurde die Idee für ein virtuelles Treffen geboren. Wenn man sich beruflich per Videokonferenz treffen kann, warum eigentlich nicht auch privat? Also verabredeten wir uns für Freitagabend „auf ein Gläschen“ vor dem Bildschirm. Es sollte alles ganz einfach gehen: Einladung schicken, Link anklicken – und schwupps – schon sollte es losgehen.
Dachten wir. Wenn da nicht die Tücken der Technik wären. PC oder Laptop benötigen eine funktionierende Kamera. Die Einwahl vom Smartphone ist nicht so einfach wie vom PC. Die Bildqualität hängt von der Kamera und den Lichtverhältnissen ab. Und natürlich von der Perspektive (ich sag‘ nur „Doppelkinn“). Doch die meisten Probleme konnten schnell gelöst werden.
Als es losging, war uns die Technik herzlich egal. Es war einfach nur schön, uns alle „live“ zu erleben und voneinander zu hören. Aber es war auch anders. Anders, weil wir uns nicht in den Arm nehmen konnten. Anders, weil wir nicht wild durcheinanderquatschen konnten.
Bei so einer „ViKo“ können die Teilnehmer nun mal nur nacheinander sprechen. Sonst versteht niemand ein Wort. Mit ein wenig Übung (und Disziplin) klappte auch das recht schnell.
Es hatte sogar eine ganz besondere Qualität. Jeder hörte jedem aufmerksam zu. Und so berichteten wir, wie es uns geht. Zu Hause, bei der Arbeit, im Homeoffice. Aber auch von unseren Nöten. Wenn einem Selbstständigen der Umsatz wegbricht und die Zukunft der Branche ungewiss ist … Dann kann man schon mal Angst um die eigene wirtschaftliche Existenz bekommen.
Schnell stellten wir allerdings fest, dass es uns allen gut geht. Und wir, und die meisten um uns herum, eher auf hohem Niveau jammern. Über die „Enge“ mit den Kindern – im wohlsituierten Eigenheim mit Garten, Trampolin und Wald hinterm Haus. Oder über die Einschränkungen im Homeoffice oder beim Homeschooling.
Spätestens mit der Erkenntnis, dass unsere Eltern und Großeltern nach dem Krieg mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert waren, relativierte sich das Wort „Katastrophe“.
Was uns allen aber auch klar wurde: Es gibt viele Menschen, die wirklich stark betroffen sind. Sei es im Gesundheits- und Pflegesystem, im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Oder als Großfamilie, die in beengten Verhältnissen mit kleinen Kindern und Kurzarbeit irgendwie klarkommen müssen.
So war in vier Stunden Platz für alles: die eigene Angst, das Mitgefühl und die Solidarität mit den Betroffenen, das Zuhören. Aber auch für das Lachen, die Erinnerungen an schöne, gemeinsame Erlebnisse und die Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden möge. Möglichst bald!
P.S.: Seit unserer dritten „ViKo“ sind wir schon fast „Profis“. Die Technik wurde aufgerüstet, die Kameras sind perfekt positioniert. Die Getränke stehen in Reichweite und die Stromversorgung reicht auch für stundenlange Freundestreffen in Corona-Zeiten! Herrlich!
Peter Krabbe